Risotto in all seinen Farben (und Formen)
Gelingtipps und Ideen für deine eigene Version
Risotto ist eines dieser Gerichte, das ich nicht als per se einfach bezeichnen würde. ABER: Es ist erlernbar, wenn du etwas Zeit und Geduld mitbringst. Risotto ist ein wunderbares Gericht, um deinen Blick und auch dein Gefühl für Zutaten und Garzeiten zu schulen. Warum? Weil ein Risotto deine volle und ungeteilte Aufmerksamkeit braucht, zumindest zu Beginn. Der Kochprozess ist eine fast schon meditative Angelegenheit: Man konzentriert sich auf das, was da ist, und macht gerade so viel, um nicht dabei einzuschlafen.
Der oder das Risotto kommt aus Italien und besteht in seiner Basis vor allem aus Rundkornreis, Brühe und Parmesan. Es ist ein cremiges Gericht, das sich den hohen Stärkeanteil der runden Reiskörner zunutze macht, um wunderbar sämig, aber nicht breiig oder klebrig zu werden. Heute zählt Italien, vor allem der Norden und dort die Region Piemont, zu dem größten Reisanbaugebieten Europas, in der vor allem Risottoreissorten angebaut werden. Die bekanntesten bei uns sind Arborio oder Carnaroli, es gibt aber Unmengen mehr und es kann zu einer lebenslangen Aufgabe werden, den genau richtigen für dich und deinen Geschmack zu finden.
Die perfekte Konsistenz von Risotto
Wann ist Risotto fertig? Eine Frage, an der sich die Geister tatsächlich nicht scheiden. Wie Pasta (für Pasta-Tipps hier entlang) darf auch Risottoreis nicht verkochen, also breiig werden. Al dente, also bissfest, ist das Adjektiv, nach dem du Ausschau halten sollst. In Italien darf ein Risotto sogar fließend, also eher in die flüssige Richtung gehen und auf dem Teller leicht hin und her schwappen. All’onda nennt man das dann, wellig oder auf der Welle. Wenn du mit einem Löffel also eine Wellenspur im Risotto hinterlassen kannst, die langsam wieder verschwindet, dann bist du auf der richtigen Fährte.
So macht man Risotto: Die absoluten Basics
Irgendwann entwickelt jede*r seine eigenen Routinen, wenn es um Rezepte geht, die immer und immer wieder gekocht werden. Es gibt allerdings ein paar Schritte, die in keinem Risottorezept fehlen dürfen, die ich durchweg bei allen Lehrmeister*innen gefunden habe (Der Silberlöffel oder Marcella Hazans Die klassische italienische Küche und mehr) und die sich bei meinen zahlreichen Versuchen bewährt haben:
Vorbereitung oder Mise en Place: Wie schon gesagt, ist ein Risotto kein Gericht, das du lange sich selbst überlassen kannst. Habe deshalb alles, was geschnippelt (die Basis, also z. B. Zwiebel oder Schalotten, Knoblauch, manchmal auch fein gehackter Sellerie oder Fenchel), abgewogen (z. B. Reis oder Gemüse), erhitzt (Brühe oder Wasser, falls ersteres nicht zur Verfügung steht) und gerieben werden (z. B. Parmesan) muss, bereitstehen. So kannst du später ausschließlich und ganz gemächlich (!) rühren.
Den Reis grob nach Personenanzahl dosieren: Tust du das nicht, endet das Ganze mit zu wenig Risotto pro Person, viel öfter aber mit viel zu viel. Du kannst dann zwar immer noch Arancini zubereiten oder noch ein paar Tage davon essen, zumindest aber über eine ungefähre Punktlandung wirst du dich sicherlich freuen. 100-150 g Risottoreis pro Person ist eine gute Faustregel. So viel passt ungefähr in meine Hand, die so zum Hilfswerkzeug fürs Frei-Schnauze-Kochen wird.
Wasche deinen Risottoreis nicht, sonst geht die ganze Stärke verloren, die später für die cremige Konsistenz sorgt. Risottoreis sieht dadurch manchmal fast staubig aus, aber genau das ist ein gutes Zeichen. Basmatireis zum Beispiel wäscht man vor dem Kochen erst gründlich aus dem gegensätzlichen Grund, damit er möglichst fluffig wird und eben nicht aneinander klebt.
Den Reis anrösten: Nachdem deine Schalotten- oder Zwiebelwürfel (und der Knoblauch, falls du ihn verwendest) in Butter glasig gedünstet wurden, röste deinen Risottoreis kurz an. Einmal bringst du damit mehr Aroma in dein Gericht, plus die Stärke wird durch das kurze Anbraten gebunden und die Form der Reiskörner später besser beibehalten.
Niemals kalte Brühe verwenden! Der Grund ist ganz simpel der, dass der Garprozess gestoppt wird, sobald kalte Flüssigkeit auf den warmen Reis trifft. Als Faustregel gilt: Auf einen Teil ungekochten Reis kommt die vier- bis sechsfache Menge Flüssigkeit, bis die perfekte Konsistenz erreicht ist. Dann also ist das Risotto cremig, fast fließend, und trotzdem bissfest.
Die heiße Brühe nach und nach dazugeben: Das ist wichtig und es wird nicht umsonst in die Rezepte geschrieben. Gibst du zu viel Brühe zum Reis, kochst du ihn. Gibst du allerdings nur Schaumkelle für Schaumkelle Brühe hinzu und immer nur dann, wenn der Reis die Flüssigkeit absorbiert hat, erlaubst du den Reiskörnern, miteinander in Verbindung zu treten und sich die Eigenschaft der Stärke zunutze zu machen.
Die Extra-Tipps für noch besseres Risotto
Und dann gibt es ein paar Dinge, die einen Unterschied machen, wenn du dich auf die Mission begeben hast, das perfekte Risotto zubereiten zu wollen:
Verwende einen Topf anstelle einer flachen Pfanne: Obwohl man immer wieder sieht, wie Risotto in Pfannen mit hohem Rand gekocht wird, arbeitet diese Methode eher gegen das bevorzugte Endergebnis. Durch die relativ breite Fläche, werden die Reiskörner in einer zu dünnen Schicht gekocht. Sie haben nicht genug Reibung, ergo kann sich nicht genügend Stärke bilden und außerdem wird es heißere und kältere Stellen geben, wodurch der Reis nicht gleichmäßig kocht. So viel zum “perfekten” Risottoergebnis, dein Risottoreis (und auch meiner, jedes Mal) wird aber auch in einer Pfanne mit hohem Rand zu Risotto. Vielleicht braucht es einfach nur ein wenig mehr Geduld und Rühr-Meditation.
Rühre nicht zu viel! Das hört sich erstmal kontraproduktiv an, weil: Es darf ja nichts anbrennen. Aber es macht Sinn, wenn man genauer hinschaut: Die Stärke aktiviert ihre cremigen Kräfte, indem die Reiskörner aneinander reiben, was beim gelegentlichen Rühren passiert. Wird zu viel gerührt, kommt zu viel Luft in das Gemisch, der Reis kühlt ab und wird klebrig, aber nicht flüssig-cremig.
Der letzte Schritt für die perfekte Cremigkeit erfolgt nach dem Kochen: Carlo Cracco, Küchenchef aus Mailand, erklärt, dass ein Risotto vor dem Servieren erst eine Minute ruhen darf sobald es al dente oder all’onda ist, bevor dann Fett in Form von Butter, Parmesan oder auch Olivenöl untergerührt wird, um es anzudicken. Erst jetzt ist es fertig und bereit, serviert zu werden.
Und für Fortgeschrittene: Bereite halb gegartes Risotto vor, um es dann nach Bedarf und schneller auf den Punkt servierfertig zu machen. Dafür hat unsere Köchin Hanna ein Basisrisotto aus Schalotten, Weißwein und Brühe gekocht und vom Herd genommen, sobald der Reis halb gekocht war. Abgekühlt lässt es sich so ein paar Tage im Kühlschrank aufbewahren und dann nach Bedarf mit ein paar Schöpfkellen Brühe erwärmen, mit weiteren Zutaten (Radicchio, Safran, Pilzen, Spargel…) anreichern und so fertig kochen. Mit genau dieser Methode hat Hanna bei unserem Fotoshoot zu diesem Artikel im Nullkommanichts diese vier tollen farbenfrohen Risottos gezaubert.
Starte mit diesen Risottorezepten
Das wohl klassischste Risotto unter seinen Artgenossen ist das Risotto alla Milanese mit Safran. Risotto mit Pilzen ist ein weiteres traditionelles Rezept und mit Garnelen, Karotten und Honig oder Gremolata bleibt das Reisgericht spannend. Weil die Bärlauch- und Spargelsaison nicht mehr so weit hin ist, möchtest du dir vielleicht auch schon dieses, dieses oder dieses Rezept abspeichern. Und solltest du dich doch einmal in der Reismenge vergriffen und viel zu viel Risotto übrig haben, dann gibt es darauf eigentlich nur eine Antwort: Arancini.
Dein eigenes Risotto kochen
Vielleicht warst du es eh schon, jetzt bist du aber ganz sicher gewappnet für dein eigenes Risotto. Eines meiner liebsten Versionen ist das Radicchio-Risotto. Es ist bitter, fruchtig, säurehaltig und, natürlich, cremig. Ich habe eigentlich immer Fenchel oder Sellerie zu Hause, das ich beides oder einzeln fein gehackt schon am Anfang zu den Zwiebeln dazugebe, Zitronen sowieso und auch immer irgendeine Art an weichen Kräutern, Petersilie zum Beispiel. In den Wintermonaten verwende ich gerne Rosenkohl und gebe zusätzlich geröstete Haselnüsse als Finish obendrauf. Obwohl also die Basis immer gleich bleibt (Zwiebel, Käse, Brühe), verändert sich quasi das Gewand. Vielleicht experimentierst du auch mit anderen Risottoreissorten und Käse? So oder so ähnlich findest du deine eigene Lieblingsversion des italienischen Nationalgerichts.
Verfasst am 28. März 2021