Darum lieben wir regionale Superfoods
Das Gute liegt so nah
Exotische Superfoods liegen im Trend. Sie sind aus den Vorratsschränken gesundheitsbewusster Menschen kaum mehr wegzudenken. Aber warum verlassen wir uns auf eigentlich unbekannte Produkte wie Chiasamen und Quinoa, wenn doch das Gute direkt um die Ecke auf uns wartet: auf nahegelegenen Äckern, im Hofladen unseres Vertrauens und sogar auf der eigenen Fensterbank.
Was sind Superfoods?
Als Superfood werden Lebensmittel bezeichnet, die eine besonders große Menge an bestimmten Nährstoffen liefern und sich dadurch von allen anderen unterscheiden. Superfoods sind möglichst naturbelassen, aus Bio-Anbau oder direkt aus der Natur. Sie bestehen außerdem immer aus mehreren kombinierten Vitaminen und Mineralstoffen und nicht aus einzelnen konzentrierten.
Ein Superfood-Beispiel: Der Eisengehalt von Chiasamen übertrifft den von Spinat und sie enthalten außerdem überdurchschnittlich viele Omega-3-Fettsäuren. Superfoods wird nachgesagt, dass sie besonders gut für die Gesundheit sind. Chiasamen wären damit ein Superfood par excellence, wenn man so möchte.
Um zum Superfood gekürt zu werden, muss ein Lebensmittel absolut nicht gut schmecken (schon mal Weizengrassaft probiert?) oder teuer sein – oder aus weit entfernten exotischen Regionen stammen. Manche Superfoods wachsen nämlich direkt vor unserer Haustür und auf genau die konzentrieren wir uns in diesem Artikel.
Gibt es so etwas wie ein ‘Superfood’ überhaupt?
Gute Frage! Ehrlich gesagt, nicht wirklich. Beziehungsweise: Erst, wenn du sogenannte Superfoods regelmäßig in deinen Speiseplan integrierst, können sie deinen Körper bei allen möglichen Prozessen unterstützen. Der Begriff an sich ist jedoch relativ ungenau und irreführend, weil er erstens kein geschützter Begriff ist und somit theoretisch jedes Produkt als solches bezeichnet werden kann.
Zweitens tauchte er das erste Mal im frühen 20. Jahrhundert auf, um einem Bananenimporteur seine Verkäufe zu erleichtern. Der Name stammt also ursprünglich nicht von Ernährungsexperten, sondern von Marketing-Profis. Superfood bedeutet heute also oft auch Super Sales, weil nicht gerade wenig Menschen dazu bereit sind, ihren Geldbeutel zu zücken, wenn das Versprechen nach ewiger Jugend oder holistischer Gesundheit lockt.
Darum solltest du sie regional beziehen
Chiasamen oder Quinoa aus Südamerika, Goji-Beeren aus China – die als fast übernatürlich angepriesenen Superfoods sind meist weit gereist. Außerdem leidet die Frische durch den langen Transportweg. In anderen Ländern gelten zudem auch andere Richtwerte für Pflanzenschutzmittel. Lässt sich das mit einem ökologischen Grundgedanken vereinbaren? Eher nicht. Deswegen verpasse ich keine Gelegenheit, regionale Superfoods anzupreisen. Folgende zum Beispiel!
Welche Superfoods aus der Region gibt es?
Zugegeben: Diese Sache mit den Superfoods ist ein bisschen tricky. Wie genau vereint man denn jetzt eine für sich akzeptable Ökobilanz und die Liebe zu nahrhaftem und schmackhaften Essen? So zum Beispiel.
Superfoods: Starkes Gemüse
Gemüse ist schon lange nicht mehr uncool! Ich liebe die vegetarische und auch vegane Küche gerade deshalb, weil man sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen darf, damit es auf dem Teller spannend bleibt. Zum Glück bietet unser heimischer Saisonkalender viele interessante Lebensmittel zum Experimentieren – Kandidaten, die den Titel “Regionales Superfood” verdienen, inklusive.
Grünkohl verbinden vielleicht manche mit Pinkel, einer geräucherten groben Wurst aus Norddeutschland. Grünkohl kann aber noch viel mehr, als nur als eingekochte Beilage herhalten. Der krause Kohl besteht super im Vergleich zu dem gehypten Superfood Weizengras, weil auch er randvoll mit Vitaminen ist und hochwertiges Protein beinhaltet. Und, richtig, er kommt vom Bauern ums Eck.
Genau wie Grünkohl ist auch Brokkoli ein grünes Gemüse, das bis obenhin voll ist mit Chlorophyll, dem Farbpigment, das den Pflanzen ihre grüne Farbe verleiht und bei uns unter anderem für eine bessere Verdauung sorgen soll. Er ist kalorienarm, liefert viel Vitamin A, C und E und ist reich an Ballaststoffen. Unbedingt auch Blätter und Strunk verwenden!
Mangold ist der hübschere kleine Bruder von Spinat. Er kommt in bunten Farben daher, ist gut für deine Verdauung und während sich die Blätter ähnlich verarbeiten lassen wie Spinat, schneidest du die Stiele klein und dünstest sie am besten ein wenig länger an.
Nicht so trendy, aber trotzdem mindestens genauso super Alternativen zu gängigen Superfoods sind auch sämtliche Kohlarten, Hülsenfrüchte oder Zwiebelgewächse wie Porree, Schnittlauch und auch Knoblauch. Der ist nämlich zum Beispiel eine gute Selen- und Vitamin-C-Quelle. Du merkst schon: Das alles kommt aus heimischen Gefilden.
Superfoods: Freche Früchtchen
Sommerzeit = Beerenzeit. Endlich wieder Erdbeeren im Müsli, Himbeeren auf den Fingerspitzen und noch mehr Blaubeeren im Bauch.
Wieso greifen wir hierzulande zu eingeflogenem Acai-Beeren-Püree aus der Tiefkühltruhe, wenn wir frische Blaubeeren haben können? Die kleinen Murmeln sind wahre Kraftpakete – inhaltsstoff- und geschmackstechnisch. Der Pflanzenfarbstoff Anthocyan verleiht der Blaubeere ihre dunkle Farbe, viele Antioxidantien und damit auch das ‘Super’ in Superfood. Aber das können eben auch Sauerkirschen oder Schwarze Johannisbeeren.
Himbeeren sind nicht nur süß und saftig, auch ihre inneren Werte überzeugen. Sie sind relativ zuckerarm und eine gute Quelle für Eisen, Folsäure und Kalium. Auch ihre Blätter lassen sich zu Tee aufkochen und sollen entkrampfend wirken.
Natürlich hören regionale Superfoods bei Beeren nicht auf. Äpfel und Birnen sind mindestens genauso gesund wie alle anderen Früchte. Die Mischung macht’s – und Herkunft und Anbauart.
Klein aber oho: Microgreens und Sprossen
Microgreens erinnern mich ein wenig an meine allerersten Versuche im Gärtnern, als ich erwartungsvoll Kressesamen auf Watte gebettet habe und ein paar Tage später zarte Pflänzchen ernten durfte. Microgreens sind genau das: junge zarte Pflanzen, die aus Gemüsesamen gezogen werden. Sie wachsen von hellgrün bis violett, haben ein intensives Aroma und eine relativ hohe Nährstoffdichte. Brokkolisamen beispielsweise enthalten oftmals mehr Vitamine als das ausgewachsene Gemüse.
Sprossen wiederum sind Keimlinge, die im Unterschied zu Microgreens keine Erde oder Tageslicht zum Heranwachsen brauchen und komplett verzehrt werden. Und auch hier gilt: Am besten selber anpflanzen oder im Sprossenglas ziehen. Das ist preiswerter und du kannst mit verschiedenen Geschmack und Farben experimentieren.
Superfoods: Hirse & Co.
Wer kennt es nicht: das Pseudogetreide Quinoa. Pseudo wird es genannt, weil es genau wie auch Buchweizen oder Hirse glutenfrei ist, trotzdem aber ähnlich wie Weizen und Co. zubereitet wird. Quinoa enthält viel wertvolles Eiweiß, viele Mineralstoffe wie Magnesium und Eisen und überdurchschnittlich viel Folsäure, was ihn zum Namen “Supergrain” verholfen hat.
Zum einen sei gesagt: Es gibt lokale Alternativen. Hirse zum Beispiel ist in der Geschichte das älteste vom Menschen angebaute Getreide und dem Trendgetreide Quinoa in Calcium- und Magnesiumgehalt nur um wenige Schritte hinterher. Hirse ist reich an natürlichem Eisen und leicht verdaulich. Buchweizen macht sich mit seinem nussigen Geschmack toll im morgendlichen Müsli oder als Basis von Gemüsebratlingen.
Und zum anderen: Wer an Zöliakie leidet, der hat keine andere Wahl als glutenhaltige Speisen strikt zu meiden. Für alle anderen gibt es keinen triftigen gesundheitlichen Grund, auf Gluten zu verzichten.
Es muss natürlich nicht gleich Weizen sein. Wie wäre es aber mit Dinkel oder anderen Urgetreidesorten wie Emmer oder Kamut? Alte Getreidesorten haben nämlich mehr Mineralstoffe und Vitamine. Sie schmecken außerdem kräftig, nussig und würzig.
Superfoods: Nüsse knacken
Nüsse und Kerne haben einen relativ hohen Fett- und Kaloriengehalt, setzen aber in der Regel nicht an, weil unser Körper alle Inhaltsstoffe sehr gut nutzen und verstoffwechseln kann. Schon allein deshalb zählen sie zu den Superfoods.
Vor allem Walnüsse sind in unserer Heimat zu finden. Wenn sie im Herbst haufenweise vom Baum fallen, bedeutet das: Wir sind reif. Sie enthalten viele Antioxidantien, die Stoffwechselabfallprodukte neutralisieren und unseren Körper so bei dem Kampf gegen das “Böse” unterstützt.
Leinsamen gelten als Chiasamen-Ersatz, weil auch sie viel Calcium, Eiweiß und Omega-3-Fettsäuren enthalten.
Hanfsamen dienen als pflanzliche Eiweißquelle und auch sie gibt es aus heimischen Anbau. Ihr nussiger Geschmack passt zum Beispiel zu Müsli oder auch über Salat gestreut.
Übersicht: Fix ausgetauscht!
Diese lokalen Alternativen von fast nebenan kannst du ganz einfach gegen die exotischen Superfoods austauschen – auch in jeglichen Gerichten. Aber Augen auf beim Herkunftsstempel!
Auch Rezepte, die eigentlich ein exotisches Superfood vorsehen, lassen sich ganz leicht “regionalisieren”. Tausche bei diesen Rezepten zum Beispiel Quinoa einfach gegen Hirse oder Buchweizen aus und Chiasamen gegen Leinsamen.
Deine regionale Superfood-Quelle
Alles an Gemüse und Obst, das in der aktuellen Jahreszeit auf den heimischen Äckern verfügbar ist, findest du mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auf deinem nächsten Wochenmarkt oder direkt im Hofladen der Erzeuger. Dann brauchst du nur noch dein gerade erarbeitetes Wissen anzuwenden und auszuwählen, was dir schmeckt. Blaubeeren findest du zum Beispiel den ganzen Sommer über von Juni bis September, das Wintergemüse Grünkohl gibt es ab dem ersten Frost, meistens von November bis in den März hinein.
In den meisten Supermärkten findest du zusätzlich zu regionalen Superfoods auch alle exotischen wie Algen, Hanfsamen oder Quinoa. Wenn du jetzt noch nach Bio-Erzeugnissen Ausschau hältst, hast du dein Bestes gegeben, um dich mit möglichst vielen Nährstoffen zu versorgen. In der biologischen Landwirtschaft werden nämlich keine bzw. sehr geringe Mengen an giftigen Pflanzenschutzmitteln verwendet, die manche nicht überleben würden.
Wer einen Garten oder auch nur einen Blumenkasten vor dem Fenster – und einen grünen Daumen – hat, der kann ganz einfach selber Kräuter oder verschiedene Salate anpflanzen oder Sprossen ziehen und dann selber ernten.
Die Natur ist übrigens der günstigste Supermarkt und für jeden zugänglich. Hier findest du zum Beispiel Löwenzahn vor allem im Sommer oder ganzjährig Brennnesseln. Achte einfach nur darauf, dass du dir einen Sammelplatz suchst, der abseits von vielbefahrenen Straßen liegt.
Superfoods: So holst du das Beste aus ihnen raus
Manche frischen Lebensmittel fangen ab der Ernte an zu verderben (z. B. Beeren oder Auberginen), andere reifen nach (z. B. Avocados oder Pfirsiche). Kaufe deswegen nicht unbedingt immer nach Einkaufsliste, sondern danach, wie frisch die Lebensmittel sind. Eine Flugmango ist zum Beispiel weniger frisch als die Erdbeeren, die du direkt vom Feld pflückst. Wie du deine Lebensmittel am besten lagerst, haben wir hier aufgeschrieben.
Bei der Zubereitung lautet die Faustregel: So wenig Hitze so lang wie nötig. Dann bleiben so viele konzentrierte Nährstoffe, die Superfoods ja schließlich ausmachen, erhalten wie möglich. Und der Konsistenz und dem Geschmack tut das auch einen Gefallen. Denn wer möchte schon matschigen Brokkoli mit Graustich essen.
Jetzt mal Klartext: Brauchen wir Superfoods überhaupt?
Jein. Fakt ist, dass wir Vitamine, Ballaststoffe, Antioxidantien und Co. für einen gut funktionierenden Organismus sehr wohl brauchen. Allerdings ist unser Körper bestens versorgt, wenn wir auf eine abwechslungsreiche Ernährung achten. Das bedeutet ganz vereinfacht: Iss so viel Obst und Gemüse wie du möchtest und sehe sie als Basis all deiner Gerichte, die du so oft es geht selber und aus möglichst saisonalen und regionalen Produkten zubereitest, um deinen Geldbeutel und die Umwelt zu schonen.
Trinkst du jetzt noch genügend Wasser über den Tag verteilt, dann bist du auf einem guten Weg. Und mach dich nicht verrückt, wenn du gerne Schokolade oder Fleisch isst oder du kühles Bier oder Cola einfach gerne genießt. Essen und Trinken ist schließlich in erster Linie Genuss und streichelt unsere Seele – im Kitchen Stories Team findest du dafür jedenfalls ohne Ausnahme Verbündete.
Achtest du auf eine lokale Ernährung? Welches regionale Superfood kennst du? Verrate es uns in den Kommentaren!
Verfasst am 25. April 2019