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Fermentieren: Was ist das und wie geht’s?

Fermentieren: Was ist das und wie geht’s?

Wie fermentiert man Lebensmittel und wofür macht man das eigentlich?

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Chris Helen

Chris Helen

Kontributor

Lange Haltbarkeit und gesunde Nährstoffe obendrein – das verspricht das Fermentieren von Lebensmitteln. Getränke, Gemüse und Co. werden in Einmachgläser gepackt und mit verschiedenen Gärstoffen sich selbst überlassen. Dabei entwickeln sie wertvolle, probiotische Stoffe und werden haltbar. Was Fermentieren im Detail ist, wie man Lebensmittel fermentiert und was man dazu braucht, erfährst du in diesem Beitrag.

Fangen wir bei der Definition von Fermentation an: Was ist Fermentieren eigentlich?

Das Wort Fermentieren leitet sich von dem lateinischen fermentum ab und bedeutet “Gärung”. Am bekanntesten ist die so genannte „wilde Fermentation“. Sie basiert lediglich auf Milchsäurebakterien, welche auf ganz natürliche Weise in vielen unserer Lebensmittel vorkommen. Legt man beispielsweise Weißkraut in ein Einmachglas (Fermentationsgefäß) ein, fügt etwas Wasser und gegebenenfalls Salz hinzu, gärt es in aller Seelenruhe vor sich hin und ist jahrelang haltbar. 

Wichtig dabei ist, dass der Prozess nur unter Ausschluss von Sauerstoff funktioniert. Auf diesem Wege wird verhindert, dass “schlechte” Bakterien (Hefebakterien wären in diesem Fall die Übeltäter) an das Einlegegut (Ferment) gelangen. Sie würden die Haltbarkeit schenkende Gärung nämlich ganz leicht in einen übel riechenden Faulprozess verwandeln. Zurück zum faszinierenden Teil der Fermentation: Louis Pasteur beschrieb den Fermentationsprozess seiner Zeit als “Leben ohne Luft” – auf Französisch klingt das Ganze fast so magisch wie der Prozess an sich: “C’est la vie sans l’air”

Mithilfe der Biotechnologie ist es heute möglich, Gärprozesse mancher Lebensmittel beeinflussen zu können. In der Regel geschieht dies durch die Zugabe spezieller Bakterien, Pilze oder anderer biologischer Zellkulturen, teilweise auch Enzyme.

Warum fermentiert man?

Lebensmittel ohne Strom haltbar machen zu können, war damals – bevor es Kühlhäuser und ausgefeilte Technik gab – natürlich ein Knaller. So konnte Gemüse aus den ertragreichen Sommermonaten auch im Winter ganze Familie ernähren. Noch immer ist die Haltbarkeit ein guter Grund, um fröhlich vor sich hin zu fermentieren. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere Anlässe:

✓ Produktion von speziellen Lebensmitteln: Berühmte Lebensmittel wie Sauerkraut, Kimchi oder Tempeh können nur über eine Fermentation hergestellt werden.
✓ Bildung von Aromastoffen: Werden bestimmte Nahrungsmittel fermentiert, entwickeln sie dabei besondere Aromen. So entsteht beispielsweise Sojasauce.
✓ Herstellung von Milchprodukten: Käse oder Joghurt sind kaum mehr aus dem Kühlschrank wegzudenken. Auch sie sind Ergebnis von Fermentationsprozessen. 
✓ Erzeugung alkoholischer Getränke: Bei manchen Fermentationsvorgängen entsteht Alkohol. Wenn beispielsweise bei der Herstellung von Whiskey Zucker zu Alkohol wird, geschieht dies durch Gärung. Ähnliche Prozesse laufen auch bei der Produktion von Bier oder Wein ab. 

Wie fermentiert man? Die neue, alte Konservierungsmethode

Für’s Fermentieren benötigst du eine Salzlake, in der du im Prinzip jedes Nahrungsmittel, welches natürlicherweise über Milchsäurebakterien verfügt, einlegen kannst. Wie wäre es mit Weißkohl, Rote Bete, Kürbis, Möhren, Tomaten, Paprika, Bohnen oder sogar Erdbeeren?

Das benötigst du: 

✓ 250 Milliliter weißen Essig (destilliert) 
✓ 2 Esslöffel Salz
✓ 2 Esslöffel Zucker
✓ Verschließbares Einmachglas

So gehst du vor:

1. Zunächst ist es wichtig, dass dein Einmachglas komplett sauber ist. Am besten solltest du es vorher einmal sterilisieren – so kannst du dir sicher sein, dass keine im Glas zurückgebliebenen Bakterien den Fermentationsprozess stören.

2. Nun das Ferment vorbereiten. Gemüse solltest du beispielsweise vorher gut waschen und in kleine Stücke schneiden, raspeln oder hobeln. Anschließend kann es schon direkt ins Einmachglas.
3. Essig, Salz und Zucker in einem Topf verrühren, zum Kochen bringen und so lange köcheln lassen, bis Salz und Zucker sich aufgelöst haben.
4. Die Lake kurz abkühlen lassen und über das Ferment geben. Achtung: Das Glas nur soweit füllen, dass das Ferment gerade so bedeckt ist. 
5. Einmachglas verschließen und bei Raumtemperatur lagern.

Tipp: Möchtest du das Ganze oldschool ohne Strom herstellen, kannst du die Salzlake auch kalt herstellen. Durch das Erhitzen löst sich Zucker und Salz lediglich etwas besser auf. Zudem fermentieren einige auch nur mit Wasser. Bei sehr wasserhaltigen Lebensmitteln, reicht es manchmal sogar aus, die ohnehin vorhandene Flüssigkeit zu verwenden. Möchtest du etwa Weißkohl fermentieren, kannst du ihn einfach ordentlich durchkneten und im eigenen Zellwasser einlegen. Etwas Salz sorgt dafür, dass das entstehende Sauerkraut würzig und knackig ist. 

Zudem lassen sich mit der Zugabe von Gewürzen leckere Geschmacksrichtungen zaubern. Welche Gewürze du verwenden kannst und welche Tipps und Tricks unsere Kitchen Stories Redakteurin Devan noch so auf Lager hat, erfährst du hier: Eingelegtes selbstgemacht: Eine Einführung in die Welt der Einweckgläser

Was passiert beim Fermentieren?

Beim Fermentieren werden die Kohlenhydrate eines Ferments zersetzt. Dabei entsteht das Herzstück des Fermentierens: die Säure. Sie ist dafür verantwortlich, dass alle Bakterien abgetötet werden, die Gurke, Karotte und Co. ansonsten verdorben hätten. Das im Glas entstehende saure Milieu sorgt über Monate hinweg dafür, dass derartige Bakterien keine Chance haben, das Ferment zu befallen.

Worauf ist besonders zu achten? Die häufigsten Fehler

1. Das Einmachglas ist nicht sauber genug: Sind noch Rückstände oder Bakterien im Glas, schimmelt das Ferment trotz all deiner Bemühungen. Deshalb ist es wichtig, dass dein Fermentierungsgefäß absolut steril ist.  
2. Das Einmachglas hält nicht dicht: Lässt sich das Glas nicht richtig verschließen, kann Luft eindringen. So haben es Hefebakterien leicht, die Fermentation zu stoppen. Meist bilden sich in diesem Fall weiße Ablagerungen. Damit ist das Ferment leider für die Tonne! 
3. Die eingelegten Lebensmittel standen zu kühl: Damit Bakterien, Pilze und Co. arbeiten können, brauchen sie meist eine recht warme Temperatur. Bei Milchsäurebakterien liegt diese bei 18 bis 23°C. Die Faustregel:  Je wärmer die Temperatur ist, umso schneller klappt auch das Fermentieren. Möchtest du das Ferment anschließend aufbewahren, lagere es am besten bei Zimmertemperatur – Platz im Kühlschrank ist dafür also absolut nicht notwendig.
4. Der Deckel wurde zu fest verschlossen: Ja, dieses Phänomen gibt es auch. Gerade Gefäße, die mit einem Schraubverschluss verschlossen werden, lassen oftmals nicht einmal Gase entweichen. Das ist für den Fermentationsprozess allerdings durchaus wichtig. Deshalb solltest du bei derartigen Fermentationsgefäßen darauf achten, keine grobe Gewalt anzuwenden – wenn du weißt, was ich meine. Wölbt sich der Deckel deines Gefäßes nach einigen Stunden nach oben, sammeln sich im Inneren Gase, die nicht entweichen können und du wirst es wohl etwas übertrieben haben. 

Tipp: Aller Anfang ist natürlich schwer und irgendwie ist man sich doch nie so sicher, ob nun alles richtig gelaufen ist. Bei einer Sache kannst du dir allerdings sicher sein: Sollte beim Fermentieren etwas nicht geklappt haben, wirst du es definitiv riechen. 

Brauche ich Zubehör fürs Fermentieren?

Fermentieren ist ein durchaus simpler Prozess. Im Grunde benötigst du lediglich ein verschließbares Gefäß und etwas Geduld. Manche Lebensmittel benötigen spezielle Gärmittel, um zu einem gewünschten Ergebnis zu kommen. Möchtest du beispielsweise Kefir aus Milch herstellen, benötigst du einen sogenannten Kefirpilz oder Kefirkörner. So einfach kann Kefir gelingen: 

Er kann wirklich alles: Fermentieren mit dem Thermomix

Fans aufgepasst: Wenn ihr Kürbis, Karotte und Co. fermentieren möchtet, könnt ihr das Ganze auch in eurem Thermomix erledigen. Dafür gibt es eine besondere Funktion, die euch innerhalb von ein paar Stunden fermentierte Lebensmittel zaubert. Besonders empfehlenswert ist die Herstellung von hausgemachtem Joghurt aus H-Milch. Einfach mal ranwagen!

Beliebte fermentierte Lebensmittel

Fermentierter Tee: Kombucha
Kombucha ist eigentlich nichts anderes als schwarzer oder grüner Tee. Allerdings ergibt er versetzt mit einem besonderen Teepilz ein gesundes Kultgetränk mit vielen Mikroorganismen, Vitaminen und Mineralstoffen wie Eisen und Folsäure. 

Fermentierte Milch: Kefir
Kefir ist ein gesundes Milchgetränk, welches oftmals unterschätzt wird. Es stärkt die Darmflora, ist gut für die Haut und enthält zudem viele wertvolle Proteine. Ein echter Fitmacher also!

So funktioniert’s: Kombucha und Kefir

Gemüse: Tomaten, Paprika, Karotten, Kürbis, Zucchini
Die Gemüseleiter rauf und runter – all das lässt sich ganz entspannt fermentieren, lange aufbewahren und genießen. Endlich kannst du Kürbis also ohne viel Aufwand auch im Winter essen oder Paprika, Zucchini und Co. auch mal anders verarbeiten. 

Fleisch und Fisch
Auch Fleisch und Fisch lassen sich durch Gärungsprozesse haltbar machen. Am bekanntesten ist wohl die Salami, welche erst durch das Fermentieren ihren würzigen Geschmack erhält. 

Weißkohl
Fermentierter Weißkohl, auch bekannt als Sauerkraut, ist der ungeschlagene Klassiker der fermentierten Lebensmittel. Das ist natürlich super, um das Ganze mal auszuprobieren:

Hausgemachtes Sauerkraut

Hausgemachtes Sauerkraut

Rotkohl
Auch Rotkohl ist, meist zur Weihnachtszeit, in seiner fermentierten Form besonders beliebt. Gerne mit ihm eingelegt werden Wacholderbeeren, Lorbeerblätter und Äpfel.

Kimchi
Kimchi ist längst in der europäischen Esskultur angekommen. Kein Wunder: Irgendwie ist es wie Sauerkraut, nur koreanisch. Kimchi ist nämlich eingelegter Chinakohl und wie viele fermentierte Gemüsesorten reich an Vitamin C.

Knoblauch
Das Fermentieren von Knoblauch ist besonders spannend. Die ohnehin schon gesunde Knolle lässt sich nämlich nicht nur mit Wasser fermentieren, sondern auch mit Honig. So ergeben sich völlig neue Geschmackswelten!

Bedeutung für die Gesundheit: Was steckt in fermentiertem Gemüse?

Fermentieren macht Lebensmittel nicht nur haltbar, sondern bereitet es auch besonders gesund zu. Eigentlich ist das sogar noch untertrieben: Die Milchsäurebakterien lassen im Ferment zahlreiche weitere Vitamine entstehen und den Mineralstoffgehalt ansteigen. Darüber hinaus wird beim Gärungsprozess Phytinsäure abgebaut, sodass ungebundene Spurenelemente noch besser vom Körper aufgenommen werden können. Fermentieren macht Lebensmittel also noch gesünder!

Darüber hinaus ist das Fermentieren eine der wenigen Methoden, mit denen es möglich ist, Lebensmittel ohne Zuckerzusatz haltbar zu machen. Genau genommen wird während des Prozesses sogar Zucker abgebaut. Also haben sie sogar noch weniger Kalorien als zuvor!

Generell unterstützen fermentierte Lebensmittel, etwa Sauerteigbrot, Kefir oder Sauerkraut, den Darm beim Aufbau einer gesunden Darmflora und stärken das Immunsystem. Es lohnt also, sich auf alte Konservierungsmethoden zurück zu besinnen und zu Hause auszuprobieren, was für Generationen Alltag war.

Fermentieren ist eine Wissenschaft für sich! Vielleicht hast du auch schon die ersten Versuche mit dem alten, neuen Food-Trend gemacht und möchtest deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren teilen? Wir freuen uns über deinen Einsatz!

Verfasst am 15. Juli 2019

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